Sonntag, 28. August 2011

Ohne Herz (D.W.h.d.T.d.N II)


Sonnenstrahlen kriechen durch unzählige Löcher im Stein, legen sich schwer auf meine kalte Haut, wollen sie wecken, doch keine Muskelfaser meines Körpers macht Anstalten sich zu bewegen. Schatten breitet sich über meinem Gesicht aus, verdrängt das grausame Licht.

Verzweifelte Gesichter verschütten Tränen, ich kann sie hören, spüre die salzigen Tropfen auf meinem Körper. Sie verbrennen mich, doch ich weiß dass es gut so ist, dass ich es so verdiene. Ein sanftes Lächeln ziert mein schlaffes Antlitz, eine Träne aus Blut kriecht hinüber. Ich will nie wieder aufwachen.
Nie wieder!
Die Grausamkeit und Ungerechtigkeit, ich flehte den Sandmann an, schließe meine Augen und weck mich nie wieder auf, und er tat so.
Und doch hasse ich mich dafür. Qualen sind das was mein Körper erleiden sollte, Schmerzen die weit über das Vermögen des sterblichen Menschen hinausgehen.
Ein Kind weint.
Alles was geschehen ist ist hinter einem Schleier der Unwissenheit und, um euch zu schützen, sollte es dort auch bleiben.
Ich hasse mich für die Dinge die ich nicht getan habe...noch nicht.
Ein Hund leckt über meine Wunden, doch ich bin schon längst kalt.
Und ich weiß nicht ob ich sie noch tun werde, doch genau das, DAS ist der Quell meiner Verachtung!

Hast du das Leben gespürt?
Muss ich den sterben um zu leben?
Muss ich den sterben um zu wissen was Leben bedeutet?

Ketten auf meiner haut, Hacken in meinem Fleisch, zerreißen mich.
Ich stehe auf der Grenze und obwohl ich meine Seite schon längst gewählt habe, bin ich unfähig den Schritt zu tun der mich auf die Seite bringt.

Unendlichkeiten stand ich vor dem Schlund, habe auf dich gewartet, doch und kamst nicht zurück, du wirst das niemals tun.
Du bist schon lange tot, doch erst als ich das einsah starb ich mit dir.
Um dich zu trösten hatte  ich dir einen Teil meines Herzens geschenkt. Dieser Teil von mir starb mit dir.
Ich suchte den Himmel nach dir ab, durchwühlte die Erde doch du warst nicht da. Stattdessen zog mein Leben hinter meinem rücken vorbei und lies nichts übrig als Asche.
Die Asche meiner Liebe, die Asche meiner Freude, die Asche meines Herzens...deine Asche.

So versinke ich im Meer meiner eigenen Tränen, die versuchen mich darin zu ertränken. Sie ziehen mich hinab in die Dunkelheit der Endlosigkeit, wie der Leviathan unschuldige Seemänner in die Tiefen des Ozeans.
So ruhe ich in meinem nassen Grab, als die letzte Luftblase aufsteigt und aus meinen Augen verschwindet, weiß ich dass ich nirgends lieber wäre als hier.

Du wusstest was du tust, du dachtest, es wäre einfach...und es war einfach.
Aber nur für dich.

Das war der Tag an dem mein Fleisch verfaulte und ich auf kniend, schreiend am Schlund des Abgrunds starb, auf dich wartete, doch du kamst nicht zurück.
Das einzige das kam war die Schuld.
Und als ich ihr, Mann gegen Mann gegenüberstand auf dem Schlachtfeld meines Geistes wusste ich, dass ich sterben musste um zu überleben.

Ein Engel wird immer ein Engel sein, selbst wenn er fällt, selbst wenn er sich die Flügel abschneidet. Wenn er sich wiederaufrichtet wird er sehnsüchtig zum Himmel sehen und sich wünschen fliegen zu können, seine Tränen werden nach der Freiheit des Windes klagen.
Wenn ich wieder auferstehe, wird nicht eine einzige Träne mehr zu Boden fallen, denn ein Engel ohne Herz kann nicht fühlen, keine Angst mehr haben, keine Trauer mehr in sich glühen spüren, keine Tränen vergeuden.

Ich weiß jetzt was ich zu tun habe, meine Klauen bohren sich in meine Brust, graben sich auf mein  kaltes Herz zu.
Und obwohl der Schmerz den Himmel glühen lässt, ist es noch lange nicht genug, den Das Herz aus Eis schmilzt nicht.

Alle wollen Engel sein, doch die, die wirklich Engel sind, wissen es nicht. Sie liegen in ihren Bettchen und sehen sehnsüchtig zum Himmel und glauben zu wissen, dass sie keine Engel sein können, sie würden so etwas nicht verdienen.
Du Närrin!
Wieso konntest du es nicht verstehen!? Wieso musstest du erst dich und alles was dich liebt ins Chaos stürzen? Wieso erhebst du dich nicht endlich mit deinen weißen Schwingen in die Lüfte, raus aus dem Abgrund aus Pech und Schwefel, Hass und Vergessen?

Mein Gesicht fällt Stück für Stück in den Staub, nichts bleibt übrig, selbst die Knochen verkohlen, ohne Herz wird es niemals heilen, doch wozu auch? Verzweiflung macht sich in dem Hohlraum breit der eins meines Herzens Schatzkammer war.

Ein Sturm zieht auf, die Tochter stirbt.
Ihr Blut klebt immer noch auf meiner Zunge, in meiner Kehle, erstickt mich.
Ohne Herz ...bleibt die Schuld trotzdem, sie ist alles was bleibt.
Mein Herz pulsiert tot in meiner Hand, als würde es zu mir sprechen. Es spricht zu mir, es beschimpft mich, es hasst mich, so wie ich mich selbst hasse.

Lass mich nicht allein, habe ich dir zugeflüstert als du fielst.
Lass mich nicht allein, als dein vernarbtes Gesicht in der Dunkelheit verschwand.
Lass mich nicht allein, jedes mal wenn dein Gesicht in meinen Träumen auftaucht und deine bloße Anwesenheit sie zu Alpträumen verwandelt. Nicht wegen dir, sondern weil mir wieder klar wird was ich getan habe...und was nicht. All diese Dinge verbrennen mich, doch mein Herz aus Eis schmilzt nicht.

Blutende Augen öffnen sich, die Mutter stockt, sie wagt es nicht zu Atmen. Schwarze tränen zieren ihr Wangen. Ich richte mich auf, mein verschwommener Blick, getrübt von meinem eigenen blut  will sich umsehen.

Warum? Ich wollte nicht mehr aufwachen, nie wieder. Aber die Träume, die Wünsche, die Nacht, die Dunkelheit ist unfähig mich zu schützen, mich zu verstecken, nichts kann das.
Ich habe gegen die Welt gekämpft für dich, um dich zu retten. Habe mein Leben geopfert und mich auf die Suche gemacht...umsonst.

Und als die Schwester endlich wieder lächeln kann, zu meinem Totenbett rennt, lacht, so weiß ich doch das ihr Lachen nur noch ein höhnisches Gelächter der Verachtung ist, ich sehe ihr wahres Gesicht... ihre wahre Fratze.

Meine Seele steht noch immer an dem Abgrund und wartet auf dich, mein Herz bliebt zertreten im Staub, es pumpt.

Messer, Schwerter zischen durch die Luft, durch Haut, Fleisch und Knochen, die Erlösung der Klingen, ich sehe dich.
Ohne Herz fühlt sich alles so unecht an, doch ich bin mir nicht mehr sicher, ob es das überhaupt noch ist, ob es das überhaupt war.
Selbst warme Tropfen von Blut sind kalt, die schönen Dinge sind so hässlich. Selbst liebe ist sauer und Glück so bitter wie Galle.
Wenn man sehen kann wie die Dinge wirklich sind, will man sie nicht mehr sehen.

Dafür entdeckt man Dinge, in einer Welt zwischen dem hier und dem nicht hier, dinge die verloren, tot geglaubt waren.
Ohne Herz kann ich dich endlich sehen, vor mir, ich folge dir, ich komm zu dir.
Du bist so wunderschön, die Wolken streicheln unsre Haut, hüllen uns in eine Umarmung des Schweigens, niemand weiß wo wir sind, niemand kann uns finden.

Ich greife nach dir.
Ohne Herz kann ich dich nicht spüren, kann ich dich nicht fühlen, nicht greifen, nicht umarmen, nicht liebkosen.
Fangzähne brechen an deiner steinernen, kalten Haut ab.
Kann ich überhaupt noch spüren?
Mein Herz liegt zertreten im Staub, es hat aufgehört zu schlagen, Hunde kämpfen darum, zerreißen es.
Du sprichst zu mir, ich höre dich nicht, der Wind, die Wolken sie tragen dich hinfort, hinfort vom Dach des Turmes, dieser Spitze die in den Himmel sticht, hinfort von mir.
Ich kann dich nicht noch einmal verlieren. Nicht noch einmal, nie mehr!
Ich nehme Anlauf, ich erhebe mich zu dir.
Wir sind die Engel.
Wir fallen
Den ohne Herz und ohne Flügel können wir nicht fliegen.
In einer letzten Umarmung, in einem zärtlichen letzten Sturz segeln wir dem Erdboden entgegen, in die Dunkelheit des Vergessens.
Ohne Herz rasen wir in die Freiheit.
Die Welt hasste die Tochter der Dunkelheit, doch Wir haben die Welt besiegt.
Ohne Herz ein letztes Mal glücklich.
Dein Lächeln ist mein Herz.
Für einen Augenblick.
Den letzten...

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen